Wie kann ich gut auf mich als helfende Person achten?
Text von Mona El Khalaf und Sandra Kdolsky
Mit dem folgenden Blogbeitrag möchten wir helfende Personen dabei unterstützen, gut auf sich selbst zu achten, wenn sie anderen Menschen ihre tatkräftige Unterstützung anbieten. Zum einen möchten wir dabei in den Fokus rücken, wie das gelingen kann. Und zum anderen möchten wir auch ein paar Anregungen mit auf den Weg geben, die für Menschen, die flüchten mussten oder vertrieben wurden, hilfreich sein können.
Wo liegen die eigenen Ressourcen, Kapazitäten und Grenzen?
Helfen kann als eine befriedigende, an Anregungen und Wachstumsmöglichkeiten reiche Tätigkeit empfunden werden. Zugleich ist bekannt, dass Helferinnen und Helfer Gefahr laufen, mit ihrem Engagement über ihre Grenzen zu gehen – sei das z.B. aufgrund eines „Zuviels“ der emotionalen, der zeitlichen oder der finanziellen Zuwendungen, die gegeben werden. Deshalb ist die Bewusstmachung eigener Ressourcen, Kapazitäten und Grenzen so wichtig. Es ist in Ordnung bei Bedarf an andere Hilfseinrichtungen zu übergeben oder an professionelle Unterstützung zu verweisen und eigene Grenzen aufzuzeigen.
Im Folgenden findest du einige Fragen, die dich dazu anregen sollen, dir deine eigenen Ressourcen, Kapazitäten und Grenzen bewusst zu machen. Natürlich kannst du diese Fragensammlung um alle deine persönlichen Fragen und Themen ergänzen.
Ressourcen und Kapazitäten – Was kann ich geben? Was bin ich bereit zu geben?
Thema Zeit: Habe ich Zeit, die ich der Unterstützung widmen kann? Wieviel Zeit kann ich geben und bin ich gerne bereit zu geben? Habe ich dann noch genug Zeit für mein Leben und meine Dinge, die weiterhin laufen?
Thema Hilfe: Möchte ich lieber ehrenamtlich bei einer Hilfsorganisation mitarbeiten? Kann ich mir vorstellen, zu Terminen zu begleiten – z.B. zu Behörden oder Ärzten? Möchte ich mich lieber mit Sachspenden, z.B. bei deren Ausgabe oder beim Sortieren dieser, beschäftigen? Oder recherchiere und sammle ich lieber gezielt Informationen für eine Person, die zuvor in einem persönlichen Austausch klar sagen konnte, was sie braucht?
Thema Wohnen: Kann ich Wohnraum zur Verfügung stellen? Kostenfrei, gegen eine Aufwandsentschädigung oder gegen Miete? Wie lange möchte ich das?
Thema Finanzielles: Kann und möchte ich Geldmittel zur Verfügung stellen? Wieviel soll das mindestens sein und wieviel kann das höchstens sein, damit sich für mich noch alles gut ausgeht? Möchte ich diese lieber spenden oder Personen direkt unterstützen?
Kommunikation und Austausch zwischen Helfenden und Betroffenen
Ganz zentral in einem Unterstützungsprozess, der für beide Seiten gut passen soll, ist der offene, respektvolle Austausch miteinander. In diesem gilt es die Bedürfnisse beider Seiten in angemessener Weise zu formulieren und offenzulegen. Im Folgenden möchten wir ein paar Beispiele geben, wie dies aussehen könnte.
Plan: Hat die betroffene Person, die du unterstützt schon einen Plan, wie es weitergehen soll? Falls du das nicht weißt, dann frag in einem passenden Moment direkt danach. Darauf aufbauend kannst du gemeinsam mit deinem Gegenüber die nächsten logischen Schritte besprechen und auch offenlegen, was du anbieten kannst – und was nicht. Zum Beispiel: Ich kann keine Behördenwege mit dir erledigen, aber ich kann für dich Informationen rausfinden oder ein Telefonat führen.
Mögliche Worte dafür: Was ist dein Plan? Weißt du schon, wie es bei dir weitergeht? – Ich möchte dich gerne unterstützen, ich weiß aber nicht wie. Ich möchte dich nicht bedrängen und nerven mit Fragen. Deshalb sag mir bitte, wie ich dich am besten unterstützen kann. Du weißt am besten, was du aktuell brauchst.
Privatsphäre respektieren: Auch Betroffene haben ein Recht auf ihre Privatsphäre. Vielleicht sind sie nicht in der Lage um über ihre Belastungen zu sprechen oder vielleicht wollen sie das schlicht nicht. Das gilt es zu respektieren. Du kannst jedoch sagen, dass du dich für dein Gegenüber und die persönliche Geschichte interessierst, du dich über ein Gespräch dazu freuen würdest – dich aber mit Fragen zurückhältst, weil du die Privatsphäre deines Gegenübers respektierst.
Kriegs- und Konfliktgeschehen: Möglicherweise unterstützt du Personen, die sich von den Kriegs- und Konfliktereignissen in ihrem Herkunftsland kaum abgrenzen können. Möglicherweise versuchen sie zu jederzeit auf dem aktuellen Stand der Dinge zu bleiben, verfolgen die Nachrichten, lesen Berichte, schauen Videos und haben eine App installiert mit Sirenenalarm, der Fliegeralarm in ihrem Heimatort bedeutet. Vielleicht möchten sie auch ihr Leid ungefiltert mit dir teilen. Achte darauf, wie du das handhaben möchtest. Stehst du dafür immer zur Verfügung? Möchtest du eine Vorankündigung haben, bevor grausame Erzählungen mit dir geteilt werden und erst nach deinem grünen Licht zuhören? Ist es für dich in Ordnung, wenn in deinem Wohnzimmer rund um die Uhr Nachrichten verfolgt werden oder soll es dafür eingegrenzte Orte oder Zeiten in deiner Wohnung geben?
Starke Emotionen von deinem Gegenüber: Wenn du Personen unterstützt, die angesichts der Situation von ihren Emotionen überwältigt werden, auf dich instabil wirken und du dich überfordert damit fühlst, verweise weiter an professionelle Unterstützung. Inzwischen gibt es mehrere Angebote für kostenfreie Psychotherapie entweder in der Muttersprache oder mit DolmetscherInnen. Am Ende des Blogbeitrags findest du Links zu unterschiedlichen Angeboten mit kostenfreien Psychotherapieplätzen.
Du musst das nicht alleine schaffen! Am Ende hat niemand etwas davon, wenn sich dein Gemütszustand verschlechtert oder du dich ausbrennst, weil du mit deiner Hilfe über deine eigenen Grenzen gehst und dir zu viel zumutest. Zugleich wünschen wir dir bestmögliches Gelingen für dich und all jenen, denen du hilfst, in einem gemeinsamen Prozess!
Abschließend findest du noch ein paar Links, die dir bei deiner Unterstützung für Geflüchtete aus der Ukraine nützlich sein können:
Kostenfreie Psychotherapie Plätze in Muttersprache oder dolmetsch gestützt:
HEMAYAT – Betreuungszentrum für Folter- und Kriegsüberlebende: http://www.hemayat.org/
ÖBVP – Österreichischer Bundesverband für Psychotherapie: https://www.psychotherapie.at/
Bezüglich kostenfreier Psychotherapieplätze hier anfragen: ukrainehilfe@psychotherapie.at
Lektüre-Tipp: An ihrer Seite sein – StudienVerlag : StudienVerlag von Barbara Preitler, Mitbegründerin von HEMAYAT, nach der Fluchtbewegung 2015 geschrieben. Bei dem Buch handelt es sich um Ratgeber und Leitfaden für freiwillige und ehrenamtliche HelferInnen und bietet Grundlagenwissen zur Unterstützung von geflohenen Menschen.
Allgemeine Infos zu Leben, Arbeiten und Wohnen:
ÖIF – Österreichischer Integrationsfonds „Angebote des ÖIF für vertriebene Ukrainerinnen und Ukrainer“
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